Raus aus dem Keller…!

Auch in der neuen Bundesliga-Saison zieren die Entscheidungen der Schiedsrichter-Videoassistenten erneut die Schlagzeilen der Medien. Ob der Videoassistent jetzt „ein Pausenbrot essen“ oder gar „zum 5-Sterne Menü verabredet“ war, die Leistungen der Schiris und ihrer Assistenten sorgen wieder für phantasievolle Spekulationen bei den Betroffenen. Da der Presserummel um die angeblichen Fehl-Entscheidungen groß wie selten ist, wird es umso wichtiger, auf die harten Fakten zu schauen:

In der Saison 2018/2019 wurden in 306 Spielen (ohne Relegation!) insgesamt 104 Entscheidungen dokumentiert, bei denen die Schiedsrichter die Situation per Videobild am Spielfeldrand überprüften – oder ihre ursprüngliche Entscheidung nach Rücksprache mit Köln per Headset korrigierte. 82 Fehlentscheidungen wurden so laut DFB korrigiert. Zwei Schiedsrichter standen bei diesen Eingriffen aus Köln besonders im Fokus: Felix Brych wurde 5 Mal aus dem Kölner Keller überstimmt, Deniz Aytekin wurde bei 8 Entscheidungen gar 7 mal korrigiert.

Grund genug für den FCPlayFair! nach Ende der letzten Saison, gemeinsam mit seinem Kooperationspartner kicker!, bei den Fans ein bundesweites Meinungsbild zur Akzeptanz des Videobeweises zu erheben. Über 150.000 Fans haben sich an der kicker!-Umfrage beteiligt.

Die Ergebnisse sind eindeutig in ihrer Un-Eindeutigkeit: Das Fußball-Land ist gespalten! 50% finden den Videobeweis grundsätzlich gut, „weil dadurch klare Fehlentscheidungen korrigiert werden können“. Aber 40 % aller Befragten wiedersprechen diesem Statement und stimmen der Aussage nicht zu.

Klare und eindeutige Worte finden die Fans hingegen zur Umsetzung des Videobeweises: 71% finden „die Umsetzung ist schlecht.“ Dazu trägt sicherlich auch die katastrophale Bilanz bei der Auslegung des Handspiels im Strafraum bei: Hier widersprechen satte 90% der Aussage, dass „die Auslegung des Handspieles verständlicher und klarer geworden“ sei. Die Schwächen in der Umsetzung führen dann auch bei einem großen Teil der Fans (62%) zu der Aussage, dass „der TV-Videobeweis dem Fußball die Emotionen nimmt“. Diese Meinung dürfte insbesondere bei den Fans im Stadion noch viel kritischer gesehen werden: Haben sie doch nicht die Möglichkeit, selber das Geschehen am Monitor zu verfolgen und zu bewerten – sie bleiben ahnungslos und verunsichert im Stadion zurück. Nach jedem Torjubel der bange Blick zum Schiri: Greift er sich womöglich ans Ohr? Meldet sich der Kölner Keller? Muss ich mal wieder unter Vorbehalt Jubeln? Oder war da nicht doch irgendwas?

Nach zwei Jahren Videobeweis zieht der Fan ein eindeutiges Fazit: Statistisch wurde möglicherweise die Zahl der Fehlentscheidungen reduziert und tatsächlich mehr Gerechtigkeit im Fußball geschaffen… aber weder Fans, noch Spieler, noch die Vereine scheinen mit der Entwicklung zufrieden zu sein. Unruhiger und kontroverser war die Situation auf dem Platz vor Einführung des Videobeweises sicherlich nicht.

Als FC PlayFair! machen wir uns gemeinsam mit unserem Beirat Urs Meier Gedanken über Alternativen und Lösungen.

Eine der naheliegenden Möglichkeiten, die auch aus anderen Sportarten bekannt ist, wäre es, die Szene den Zuschauern im Stadion zu zeigen. Dieser Vorschlag wird von 76% der kicker!-Leser befürwortet.

Als FC PlayFair! würden wir aber noch weiter gehen und das Rad der Geschichte ein Stück weiter zurück drehen: Die Schiedsrichter-Entscheidung muss wieder raus aus dem Keller und zurück ins Stadion. Zukünftig sollte nur das Schiedsrichterteam vor Ort entscheiden, ob es sich eine Szene auf dem Bildschirm am Spielfeldrand, gemeinsam mit den Fans im Stadion, noch einmal anschaut. Die Teams sollten zudem zwei Mal pro Spiel die Möglichkeit haben, eine strittige Szene durch das Schiedsrichter-Team, vor aller Augen, überprüfen zu lassen. Ähnliche Konzepte werden in den USA seit Jahren erfolgreich in der NFL eingesetzt.

Gebt den Spielern, den Schiedsrichtern und den Fans im Stadion das Spiel zurück… und schickt die Kollegen aus dem Kölner Keller zu Pommes und Bratwurst in die Kurve!