Eine denkwürdige Euro – wie die UEFA die Entfremdung des Fussballs weiter vorantreibt

Mit dem neuen, verdienten Europameister Italien endete am 11. Juli 2021 die EURO 2020. Ein Turnier, das laut UEFA-Präsident Čeferin in einem passenden Rahmen mit zahlreichen denkwürdigen Momenten stattgefunden hat. Viel Denkwürdiges war unbestritten dabei – das Meiste davon ist jedoch als negativ zu bewerten und führte uns Fans die Scheinheiligkeit der UEFA in einem neuen Maße vor Augen.

Man nehme beispielhaft die schreckliche Situation um den Dänen Christian Eriksen und der resultierende egoistisch sowie kommerziell getriebene Entscheidungsprozess der UEFA zur Fortsetzung des Vorrundenspieles. Es wurde erneut unterstrichen, dass die physische und psychische Gesundheit der Spieler mittlerweile zweitrangig ist, vielmehr lautet das Motto „The show must go on“. Auch bei der prominenten LGBTQI-Debatte beweisen die Gremien des europäischen Fußballverbandes, dass Werte und Moral viel leichter in eine Werbekampagne zu packen sind als tatsächlich integer zu handeln. Und ob der Austragungsmodus dieser EM in elf Ländern als passender Rahmen zu bewerten ist, möge der Leser an dieser Stelle gerne für sich selbst entscheiden.

Diskriminierung versus Kommerz

Mit der Kampagne #EqualGame möchte die UEFA Ihren Beitrag zur Bekämpfung von Diskriminierung jeglicher Art leisten. Bei der LGBTQI-Community wird hierbei aber offensichtlich eine Ausnahme gemacht. Ein Stadion darf nämlich nur in bunten Fahnen erstrahlen, wenn man gleichzeitig keine Entscheidungsträger einzelner Austragungsländer (Stichwort Puzzleteil Budapest) erzürnt. Bei der Argumentation diesbezüglich beruft sich die UEFA auf ihre politisch sowie religiöse Neutralität. Die Karte des politischen Motivs zu spielen ist an dieser Stelle jedoch deutlich zu kurz gedacht. So wiegen bei der Beleuchtung eines Fußballstadions oder beim Tragen einer Spielführerbinde in Regenbogenfarben die grundsätzlichen und nicht anfechtbaren Menschenrechte deutlich stärker als ein politischer Seitenhieb.

Der Direktor für Social Responsibility bei der UEFA ist fest davon überzeugt, dass „Fußball eine führende Rolle dabei spielen kann das Verhalten der Menschen in Umwelt- und Menschenrechts-Fragen zu ändern.“ Ja, der Fußball kann das. Nur müssten dies die UEFA-Funktionäre auch wirklich wollen.

Ganz egal ob „Respekt“ oder #EqualGame, der Verband schreibt sich auf die Fahne, dass Werte für ihn von elementarer Bedeutung sind. Sein Tun und Handeln nach diesen Werten auszurichten, wäre Integrität. Wenn man die oben genannten Ereignisse jedoch einordnet, muss man zum Entschluss kommen, dass die UEFA – wohlgemerkt ein gemeinnützig eingetragener Verein – mittlerweile ein großes Schein-Business aufgezogen hat, in dem sie sich als etwas verkauft, dass sie nicht ist.

Entfremdung

Die Konsumenten, die Fans und Liebhaber des Sports, werden vom europäischen Fußballverband folglich geblendet. Im Kern sind weder Werte noch ein Beitrag gegen Diskriminierung die Treiber. Viel mehr geht es um Geld, Kommerz, Macht und Einfluss. Doch wie lange und bis zu welchem Ausmaß machen die Fans dies noch mit?

In der Wirtschaft senden Kunden durch ihr Konsumverhalten Impulse in Richtung des produzierenden Unternehmens, so auch im Falle von Corporate Social Responsibility. Die UEFA hat mit Ihrer Monopol-Stellung im professionellen Fußballgeschäft in Europa gewiss eine Sonderstellung und die Auswahl an Substituten gestaltet sich schwer. Doch auch den Herren Čeferin & Co. wird der Rückgang der TV-Zuschauerzahlen dieser EM im Vergleich zur Endrunde 2016 nicht egal sein können. Wohlwissend, dass die Corona-Krise höchstwahrscheinlich einen kleinen Anteil dazu beigetragen hat, bleibt abzuwarten, welches langfristige Eigentor sich die UEFA mit dieser Europameisterschaft selbst geschossen hat.

Bereits im nächsten Jahr hat die FIFA ihre Chance mit der WM in Katar einen Schritt in die richtige Richtung zu machen und den kommerziellen Fußball und seine Basis, die Fans, wieder näher zueinander zu bringen. Die Vorzeichen dafür stehen bekannter Weise jedoch noch schlechter als in diesem Jahr.