Warum Kollektivstrafen für Fans im Fußball nichts zu suchen haben

Juristisch betrachtet weist die Kollektivstrafe als Mittel einige Defizite auf:

  • Es gibt kein Rechtssystem, das Kollektivstrafen enthält und nach unserem Werteverständnis als Rechtsstaat empfunden wird. Dieses Rechtsverständnis sollte auch Grundlage für die Sportgerichtsbarkeit des DFB sein.
  • Vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung (auch des Bundesverfassungsgerichtes) sind Kollektivstrafen auch rechtlich problematisch.
  • Der vom BVerfG entschiedene Fall betraf das Stadionverbot für eine einzelne Person, die entsprechend strafrechtlich vorbelastet war.

Die Gerichte, die vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Fall betraut waren argumentierten wie folgt: „Stadionverbote könnten eine nennenswerte präventive Wirkung nur dann erzielen, wenn sie auch gegen solche Besucher ausgesprochen werden können, (die zwar nicht wegen einer Straftat verurteilt worden seien,) deren bisheriges Verhalten aber besorgen lasse, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen würden.“ Das Bundesverfassungsgericht bestätigte diese Rechtsauffassung im Wesentlichen. Das bedeutet, dass man nicht erst eine Straftat begehen muss um mit einem Stadionverbot belegt zu werden. Es genügt, dass befürchtet werden kann, dass von der Person sicherheitsrelevante Störungen ausgehen können. Da es sich bei dem Stadionverbot um einen Eingriff in die persönliche Freiheit des einzelnen handelt, sind die Gründe für ein solches Verbot aber eng auszulegen. Im Umkehrschluss kann man daher davon ausgehen, dass Personen, von denen nicht zu befürchten ist, dass von ihnen sicherheitsrelevanten Störungen ausgehen, auch nicht mit einem Stadionverbot belegt werden können. Genau das erfordert dann aber auch, dass bei jedem, der ein Stadionverbot erhalten soll, die Voraussetzungen hierfür individuell geprüft werden müssen. Die Verhängung eines Stadionverbotes für eine Gruppe, bei der dies nicht geschehen ist, dürfte somit rechtswidrig sein.

Bei einschränkenden Maßnahmen ist auch immer zu prüfen, ob mildere Maßnahmen oder Mittel das Ziel, zukünftige Störungen zu vermeiden, genauso erreichen können. Man könnte bezwecken, dass nur diejenigen mit einem Stadionverbot zu belegen sind, von denen auch tatsächlich Störungen ausgingen. Einzelne Störer oder Störergruppen sind grundsätzlich identifizierbar. Da die einschränkenden Maßnahmen von den Vereinen ausgehen, liegt es zunächst auch an ihnen, die Maßnahmen zu begründen. Es liegt ja auch in der Hand des ausrichtenden Vereines und nicht der „nichtstörenden“ Fans, dafür zu sorgen, dass entsprechende Banner nicht ins Stadion gelangen. Von den betroffenen Vereinen wird oft entgegnet, dass man keine Ermittlungsbehörde sei und auch nicht die Mittel habe, dies umzusetzen. Dann ist es allerdings äußerst fragwürdig eine Kollektivstrafe zu verhängen, die auch „Nichstörer“ betrifft.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch folgendes:

Grundsätzlich werden Urteile des DFB Sportgerichts veröffentlicht. Das Urteil vom 13.11.2018 Nr. 67/2018/2019, in dem der Zuschauerausschluss angeordnet wurde, jedoch nicht …

Fazit

Kollektivstrafen sind das falsche Mittel – zahlreiche Unschuldige werden bestraft, zudem führt es nur zu Widerstand und Unmut bei den Betroffenen und bei der Anhängerschaft.

  • Kollektivstrafen treffen explizit auch Menschen, bei denen nicht zu besorgen ist, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen.
  • Außerdem ist fraglich, ob es sich bei Beleidigungen um „sicherheitsrelevante Störungen handelt“
  • Zuletzt ist auch in der Güterabwägung zwischen dem Eingriff in die Rechte von „Nichtstörern“ (Stadionverbot) und Ziel: Sicherung einer Einzelperson vor Beleidigungen von anderen als den Störern ein deutliches Missverhältnis zulasten der „nichtstörenden“ Fußballfans zu sehen.

“Denn wir Fans sind die Basis und die Seele des Fußballs und wir lassen uns weder von Kollektivstrafen, noch von Spielunterbrechungen davon abhalten, für unsere Sache einzustehen.”

Dieses Zitat zeigt nochmal ziemlich gut, dass Kollektivstrafen in keinster Weise Sinn ergeben und eigentlich eher zu einer Verschlechterung der Situation (in diesem Fall Verhärtung beider Seiten Fans vs. Verbände), statt zu einer Verbesserung führen. DFB und DFL verhalten sich nicht sonderlich geschickt, sondern provozieren nur intensive Gegenreaktionen, es gibt kein Miteinander, sondern ein Gegeneinander.

Wir als FC PlayFair! lehnen daher die Kollektivstrafe und vor allem deren willkürliche Anordnung ab. Sie trifft Fans und Personen, die nicht einmal am vermeintlichen Verstoß beteiligt waren und ist in ihrer Umsetzung nicht möglich. Fans pflegen nämlich einen eigenen Umgang mit Kollektivstrafen und verschaffen sich über das gegnerische Fanlager trotzdem Zutritt zum Spiel, eine Blocksperre bedeutet nicht, dass die Fans aus dem Block sich keinen Zutritt zum Stadion verschaffen können.

Um ein Miteinander wieder zu ermöglichen wäre es aus Sicht des FC PlayFair! der sinnvollste Schritt, die Kollektivstrafe aus oben genannten Gründen abzuschaffen, sprich auch Rechts- und Verfahrensordnung diesbezüglich abzuändern.


Quellen:

  • https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-1bvr308009-bundesweite- stadionverbote-mittelbare-drittwirkung-grundrechte-hausrecht-dfb/)
  • Bewährungsstrafe widerrufen: Sperre für BVB-Fans in Hoffenheim kürzer als angenommen. https://www.ruhr24.de/bvb/bvb-fans-strafe-dietmar-hopp-tsg-hoffenheim-blocksperre-borussia-dortmund-13550767.html (abgerufen am 17.04.2020).
  • (https://www.dfb.de/verbandsservice/verbandsrecht/urteile)
  • Forderungskatalog Sportgerichtsbarkeit. Kollektivstrafen. https://www.cc97.de/wp-content/uploads/2018/09/Sportgerichtsbarkeit.pdf (abgerufen am 17.04.2020).
  • Kollektivstrafe im Fußball – Was ist das eigentlich? https://www.tonight.de/sport/fussball/bundesliga-19-20-kollektivstrafe-im-fussball-was-ihr-wissen-muesst_89951.html (abgerufen am 17.04.2020).
  • „Kol­lek­tivstrafen haben im deut­schen Fuß­ball noch nie ein Pro­blem gelöst“. https://11freunde.de/artikel/kollektivstrafen-haben-im-deutschen-fu%C3%9Fball-noch-nie-ein-problem-gel%C3%B6st/1555067 (abgerufen am 17.04.2020).
  • Kollektivstrafen zum “Schutze” eines Milliardärs – der DFB zeigt erneut sein wahres Gesicht. https://www.cc97.de/page/2/ (abgerufen am 17.04.2020).

Autoren: Daniel Pfofe und Fabian Radtke