Mein Weg zur Profifußballerin – Exklusive-Einblicke mit der DFB-U16-Trainerin

Fritzy Kromp im Exklusiv-Interview: Nachwuchsarbeit beim DFB

Flankengöttinnen (FG): Fritzy, gerade in der Coronakrise ist es sehr schwierig für die Spielerinnen, fit und am Ball zu bleiben. Wie managed das der DFB und du auch ganz persönlich?

Fritzy Kromp (FK): Es ist seit einem Jahr eine große Herausforderung. Wir versuchen die Spielerinnen in verschiedenen Phasen so gut es geht zu betreuen. Die Zeit nach der Absage der internationalen Turniere war für alle Spielerinnen und Trainerinnen der U-Mannschaften eine große Herausforderung.  Es war ein ständiges Hoffen, eine Hängepartie. Wir hatten täglich Online-Training, Gespräche mit Teampsycholog*innen oder Physio- und Athletik-Einheiten. Dadurch hatten wir etwas, woran wir festhalten und die Anfangszeit der Corona-Pandemie gemeinsam durchstehen konnten.

Inzwischen haben wir das Online-Training eingestellt, weil alle damit durch sind. Wir haben in der gesamten Phase immer wieder neue kreative Lösungen gebraucht, mussten uns immer wieder an die neuen Situationen anpassen.

FG: Wie sehr wird man merken, dass den jungen Spielerinnen ein Jahr fehlt?

FK: Wir werden es deutlich merken, weil es ein unglaublich wichtiges Jahr in der Entwicklung der Spielerinnen ist. Das Trainingsniveau und die Häufigkeit sowie der Wettbewerb fehlenden Spielerinnen. Es kommt eine große Herausforderung auf uns zu. Es muss neue Zielsetzungen geben. Aber am wichtigsten ist, dass wir den Spielerinnen Zeit geben wieder in den Rhythmus zu kommen.

Fritzy Kromp: „Wir müssen mehr Vielfalt leben. Überall.“

FG: Kommen wir zu den Nachwuchsleistungszentren (NLZ). Wie wichtig ist die Entwicklung des Vereins und der NLZs für den persönlichen Werdegang der Spielerinnen, auch in finanzieller Hinsicht? 

FG: Wichtig wäre, dort mehr zu investieren. Ein tolles Beispiel ist der FC Ingolstadt. Der Verein startet gerade ein Projekt, in dem Juniorinnen in alle Teams integriert werden und Jungs und Mädels zusammenspielen. Wir denken immer, das hilft nur den Juniorinnen, aber die Erfahrung zeigt:  Das hat auch für die Jungs, die Vereinsführung und die Trainer*innen einen Mehrwert. Die Erfahrung zeigt, dass die gemischten Trainingsgruppen einen positiven Effekt auf das Miteinander, die Kommunikation und das gesamte Training- und Lerklima haben. Es können also ALLE davon profitieren.

Wir müssen noch mehr Vielfalt leben. Überall. Auf und neben dem Fußballplatz auch in Aktionen, die über eine Regenbogen-Armbinde oder -Eckfahnen hinausgehen

 FGWenn wir nun Jungs und Mädels zusammenspielen lassen. Liegt dort der Schlüssel zum erfolgreichen Frauenfußball?

FK: Definitiv. Wir müssen die Parallelstrukturen aufbrechen. Jungs und Mädels müssen so lange wie möglich zusammenspielen können. Die Wichtigkeit, Mädels mehr zu fördern muss ankommen, die Strukturen, wie die NLZs, sind bereits vorhanden. Es muss mehr Bewusstsein bei den Entscheidungsträgern geschaffen werden: Der DFB hat eine gesellschaftliche Verantwortung, nämlich Jungs UND Mädchen zu fördern.

FG: Wie wichtig ist es, dass Jungs und Mädels lange zusammenspielen?

FK: Die Erfahrung zeigt klar: Wenn du oben ankommen willst, musst du besondere Wege gehen. Das perfekte Beispiel ist Sydney Lohmann. Sie wäre in einer Mädchenmannschaft nicht gefordert gewesen und hätte den Spaß am Fußball verloren. Ich kann mich noch an ihre Spiele erinnern, als wäre es gestern gewesen. Bei den gleichaltrigen Jungs war sie immer eine der besten. Sie hat den üblichen Weg der Talentförderung bestritten. Über den DFB-Stützpunkt und die Regionalauswahl kam sie im Alter von 12 Jahren zu uns in die Landesauswahl des Bayerischen Fußball-Verbandes. Mit 16 hat sie den Schritt vom leistungsorientierten Juniorenverein SC Fürstenfeldbruck zum FC Bayern in die Frauenabteilung gemacht. Ihr alltägliches Trainingsniveau war also durchgängig leistungsorientiert und fordernd für Sydney. In der Landesauswahl haben wir sie beispielsweise auch mit bis zu zwei Jahre Älteren gefordert, da wir gesehen haben, dass sie es kann aber auch braucht.

Für die Spielerinnen ist ein gutes Trainingsniveau wichtig. Talent ist das eine, aber es braucht auch gute Trainingsbedingungen. Das Umfeld muss so sein, dass das Talent gefördert und gefordert wird, am besten täglich. Da aber bei den Spielerinnen die Masse und somit die Konkurrenz fehlt, langt es nicht, sich täglich mit gleichaltrigen im Heimatverein zu messen, wenn man in die Leistungsspitze will. Deswegen sind so viele Top-Talente im Frauenfußball auch diesen Weg gegangen. Du musst besondere Wege gehen, wenn Du oben landen willst. Das ist in allen Sportarten so.

FG: Wir haben Absagen und Verschiebungen von internationalen Turnieren erlebt. Wie wichtig sind die Turniere für den Nachwuchs und den deutschen sowie europäischen Frauenfußball?

FK: Diese Turniere sind unglaublich wichtig. Die Spielerinnen entwickeln sich nicht nur fußballerisch, sondern auch persönlich weiter. Das sind wichtige Meilensteine in der Entwicklung ihrer noch jungen Karrieren. Gerade Europa- und Weltmeisterschaften sind besondere Erfahrungen. Profispielerinnen berichten mir heute, dass diese Ereignisse sie das entscheidende Stück weitergebracht haben und für sie wie eine Art Booster war,, denn die Perspektiven und Eindrücke prägen die Spielerinnen. Vor allem die Kultur, die sie dabei kennenlernen. Du siehst dort, was möglich ist, kannst auf der großen Bühne spielen und dich mit den besten Spielerinnen der Welt messen. Das motiviert ungemein, im Alltag nochmal mehr für die großen Ziele zu investieren.

Fritzy Kromp über die Zusammenarbeit mit der Bundestrainerin

FG: Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit der Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und die enge Verzweigung der U-Mannschaften.

FG: Martina und ihr gesamtes Trainer*innenteam bringen bringt sich überall sehr stark ein. Sie schauen zum Beispiel im Trainingslager vorbei, um alle kennenzulernen und besuchen, wann immer möglich, auch Länderspiele oder Turniere. Der regelmäßige Austausch unter uns Trainer*innen ist insgesamt sehr eng und sehr gut, das ist ein gelebtes Miteinander und es macht daher viel Spaß, gemeinsam im Team zu arbeiten.