Ein goldener Oktober – auch für die Nachhaltigkeit in der Bundesliga?

Der jährliche Nachhaltigkeitsbericht des FC PlayFair! bewertet die Aktivitäten der Bundesligavereine: inwieweit werden die Bundesligavereine ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und Verantwortung gerecht? 

Die Vereine der 1. und 2. Bundesliga selbst berichten auf der DFL Seite „Bundesliga wirkt“ laufend über ihr gesellschaftliches und soziales Engagement. Auch der Oktober bot wieder einen bunten Strauß an Aktivitäten – was war besonders erwähnenswert?

Ein großer Teil der rund 60 aufgeführten Maßnahmen drehte sich um die „Dauerbrenner“ im sozialen Engagement: Inklusion, Sport- und Bewegungsangebote, Veranstaltungen für und mit Kindern, Spenden an wohltätige Organisationen. 

Vieles wird dabei von Partnerorganisationen und Fangruppen organisiert, die Vereine stellen neben materieller Unterstützung ihren Namen, die Organisation oder Infrastruktur zur Verfügung. Angesichts der Strahlkraft des Profifußballs ist diese Unterstützung in der Regel sehr wertvoll. Allerdings relativieren sich oftmals die Beträge, die zur Verfügung gestellt werden, setzt man sie in Bezug zu den Millionenbudgets der Clubs. So gibt beispielsweise etwa die Hälfte der Erstligisten über 10 Mio. Euro im Jahr für Spielerberater aus, bei sozialen Zwecken hält man zum Teil Summen unter 1.000 Euro für erwähnenswert.

Wirklich nachhaltige Projekte beschränken sich nicht darauf, einmalig etwas Gutes zu tun, sondern erzielen dauerhaft Wirkung. Ein schönes Vorbild bietet der 1. FC Köln mit seinem Einsatz für Geflüchtete aus der Ukraine. Seit Ausbruch des Krieges hat die Stiftung 1. FC Köln rund 500 Geflüchtete unterstützt, einige von ihnen selbst an der polnisch-ukrainischen Grenze abgeholt und im Bus nach Köln begleitet. 

Die FC-Stiftung kümmert sich in Kooperation mit anderen Organisationen und Unternehmen um diejenigen, die in Köln geblieben sind. Nun wurde in Zollstock ein Wohnprojekt ins Leben gerufen, in dem ukrainische Familien inzwischen 13 Wohnungen beziehen konnten. 

„In den Farben getrennt, in der Sache vereint“ – oft nur ein Schlagwort. Nicht so bei einer Aktion des VfL Bochum, Borussia Dortmund und Schalke 04, die gemeinsam die Erweiterung der Palliativstation des Evangelischen Krankhauses in Herne mit jeweils 5.000 Euro unterstützen. Initiator war der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer, der sich seit Jahren ehrenamtlich als Schirmherr des Fördervereins der Palliativstation engagiert.

„Schiedsrichter“ ist auch das nächste Stichwort. Gewaltbereitschaft und verbale Angriffe gegenüber Unparteiischen stellen ein zunehmendes Problem vor allem im Amateurfußball dar. Der FC PlayFair! hat hierzu ein eigenes Projekt “Respekt vor dem Schiedsrichter“ ins Leben gerufen. Ein wichtiger Aspekt in diesem Thema ist die Vorbildfunktion der Fußballprofis – und da gibt es noch ein gewaltiges Verbesserungspotenzial! Erfreulich, wenn ein Verein wie Hansa Rostock aktiv wird mit einer Veranstaltung, die in Praxis und Theorie Möglichkeiten aufzeigt, wie in Konfliktsituationen deeskalierend gehandelt werden kann. Zur Nachahmung empfohlen!

Relativ ruhig war es um das große Thema „Energie“. Borussia Mönchengladbach berichtet – ähnlich wie der VfB Stuttgart – über kurzfristige Einsparpotenziale unter dem Motto „Energiesparen fängt im Kleinen an“. Insgesamt 35 Energiesparmaßnahmen wurden für den Borussia-Park vorgeschlagen und teilweise schon umgesetzt. Immerhin wird an einem Tag so viel Energie verbraucht wie von einem vierköpfigen Haushalt in einem ganzen Jahr. Und an Spieltagen ist es sogar das Dreifache!

Ein umfassendes Update in Sachen Klimaschutz liefert Arminia Bielefeld. Die Ostwestfalen haben ihre Hausaufgaben gemacht und mit einer Klimabilanz auf Basis der gemessenen Emissionen den Grundstein zu deren Eindämmung gelegt. Mögliche Ansatzpunkte für eine Reduzierung werden transparent, die Wirkung der eingeleiteten Maßnahmen wird greifbar gemacht. Diese orientieren sich an dem Grundsatz: Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren. Alle nach der Reduktion noch verbleibenden Emissionen werden durch Investitionen in Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern kompensiert.

Die erstmals veröffentlichte CO2-Bilanz nach dem Standard des Greenhouse Gas-Protocols bezieht sich auf das Basisjahr 2019 und betrachtet somit einen Zeitraum ohne pandemiebedingte Auswirkungen. Für 2019 ergab dies eine Gesamtsumme an CO2-äquivalenten Emissionen von 4.751,44 Tonnen. Bis 2030 haben sich die Bielefelder klare Ziele gesetzt, die Emissionen um 46,2% (Scope 1 und 2) bzw. 27,5% (Scope 3) zu reduzieren.

Seit 2022 reiht sich der DSC Arminia Bielefeld in die Riege der „klimaneutralen Sportclubs“ ein, da durch die Kompensation der CO2-Emissionen mit Klimaschutzzertifikaten Klimaneutralität erreicht wurde. Auch hier sei ein kritischer Blick gestattet: Um eine Jahresemission von 5.000 Tonnen zu kompensieren, reichen 125.000 Euro. Was verdient allein ein Nachwuchsspieler im Kader?

Mit der SpVgg Greuther Fürth installiert ein weiterer Verein eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Haupttribüne, die künftig ca. 60 Prozent des Strombedarfs am Stadion decken wird. Zudem wird der Fuhrpark systematisch auf Autos mit elektrischem Antrieb umgestellt. Die Kleeblätter verschweigen nicht, dass neben der gesellschaftlichen Verantwortung auch der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle spielt. Anstatt von erwarteten Zusatzkosten von weit über 30 Prozent bleibt die Energiekostensteigerung bis 2024 wohl deutlich unter 10 Prozent.

Ökologische Kleinprojekte melden der SV Darmstadt 98 mit einer Baumpflanzaktion, der FC Augsburg mit einem Wassertag, auf Schalke basteln Kinder Vogelhäuschen.

Der 1. FC Union Berlin vermeldet stolz die Auszeichnung als „Herausragende Organisation“, die ihm in Bangalore, Indien,  durch das World Forum for Ethics in Business (WFEB) verliehen wurde. Er habe “eindrucksvoll gezeigt, dass sportlicher Erfolg und soziale Verantwortung Hand in Hand gehen können und dass ein Führungsstil, der auf menschlichen Werten und Ethik basiert, der Grundstein für nachhaltigen Erfolg ist”, so die Begründung. Nähere Angaben, wie gerade die Köpenicker zu dieser internationalen Auszeichnung kommen, waren auch auf der Homepage der Organisation nicht zu bekommen. Zwar überzeugt der Kultverein durch eine eigene Kollektion von Fanartikeln unter dem „DUFTE“-Siegel, andere Bereiche bieten aber durchaus noch Luft nach oben. Sponsorenauswahl, die Reaktion auf den Orban-Besuch, Äußerungen des Vereinspräsidenten zu Gendern, veganen Würsten und zur Politik kratzten in letzter Zeit doch etwas am Image des „weltoffenen Vereins“. Dass bei der WFEB Konferenz der frühere FIFA-Präsident Blatter als Key Note Speaker zugeschaltet wurde, macht die Auszeichnung sicherlich nicht wertvoller.

Der FC Bayern München, sonst eher zurückhaltend auf der DFL Plattform zur Nachhaltigkeit, berichtet über einen Workshop der älteren Nachwuchsmannschaften. Zusammen mit Makkabi Deutschland e.V. ging es in einem praktischen Teil auf dem Platz und einem Theorieteil um das Thema Antisemitismus. Ein wichtiges Thema und eine erfreuliche Nachricht, gab es doch unlängst Rassismus-Vorwürfe am NLZ des Rekordmeisters. Das wird nun wohl umfassend aufgearbeitet. Weiter so! Und vielleicht gelingt es dann auch, den Ehrenpräsidenten zu einem respektvollen Umgang mit allen Mitgliedern zu bringen – auch denen, die scharfe Kritik äußern.

Negative Schlagzeilen entwickeln eben meist eine größere Wucht als die guten Beispiele. Dies musste auch der VfL Wolfsburg erfahren, ansonsten Vorreiter im Verbreiten von positiven Meldungen. Mehrere Spieler ignorierten bei der (löblichen) Anreise im Zug zum Auswärtsspiel in Leverkusen die Maskenpflicht und machten sich dabei noch über die Zugbegleiter lustig. Ein Imageschaden für den Verein, vor allem aber ein sträflicher Umgang mit der Verantwortung als Vorbild für Kinder und Jugendliche.

Für den November sind auf „Bundesliga wirkt“ in Bochum, Magdeburg, Wolfsburg und Rostock Laternenläufe für Kinder angekündigt. Und was kommt sonst? Wir werden berichten!