DFL Lösung zu 50+1? Schade drum.

Am 7. März hat das DFL-Präsidium dem Bundeskartellamt einen sogenannten Zusagenvorschlag einschließlich ausformulierten Änderungen der entsprechenden Stellen in der Satzung des DFL e.V. zugeleitet. Anlass war die vorläufige Einschätzung des Amts vom Mai 2021, laut der die 50+1-Regel mit dem Kartellrecht vereinbar sei. Allerdings mit der Einschränkung, dass die Ausnahmen für Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und TSG Hoffenheim und die Konstellation bei RB Leipzig die vom Kartellamt als legitim beurteilten Ziele von 50+1 konterkarieren. Die DFL war also gefordert, die Freiheiten der Ausnahmeclubs im Hinblick auf die zum DFB-Bundestag im Jahre 1998 formulierten „Eckwerte“ zu begrenzen, die 50+1 erst die Daseinsberechtigung geben. Auch aus Sicht des Kartellamts, dies war für viele Fußball-Fans vor zwei Jahre die gute Nachricht, sind dies Transparenz und Teilhabe als zentrale Wesensmerkmale der Vereinsdemokratie und gleiche Ausgangsbedingungen bei der Finanzierung des Spielbetriebs. Zur „Lösung im Konsens“ schlägt die DFL nun also vor, die Ausnahmen aus der Satzung zu streichen. Aus Sicht der Befürworter von 50+1 erfreulich. Doch den drei Clubs soll Bestandsschutz gewährt werden. In einer gewissen Form war damit zu rechnen, schließlich haben sich die Ausnahmclubs ihre Privilegien nicht „geklaut“. Doch was heißt das im Vorschlag der DFL: Die drei Clubs müssen künftig erstens einen Vertreter des Muttervereins in ihr Aufsichtsgremium integrieren und zweitens eine Kürzung ihrer Fernsehgelder hinnehmen, wenn die über Ergebnisabführungsverträge weitergereichten Verluste höher ausfallen als 7,5 Prozent vom Umsatz.

Schön wäre es, bei dem auf dem Tisch liegenden Vorschlag von einem tragfähigen Kompromiss zu sprechen, um endlich ein leidiges Thema zu befrieden. Doch davon kann aus Sicht der Befürworter der 50+1-Regel keine Rede sein, bleibt man doch weit hinter den 2021 geweckten Erwartungen zurück. Doch auch die Kritiker von 50+1 sind ganz und gar unzufrieden. Anders als von ihnen erhofft wird die Regel nicht geschleift, sondern durch den amtlichen Prüfstempel gestärkt und künftige Ausnahmen rigoros ausgeschlossen. Es braucht wenig Phantasie sich vorzustellen, was Martin Kind bei Hannover 96 oder Hasan Ismaik bei 1860 München davon halten. Beide fungieren seit Jahrzehnten als Mehrheitsgesellschafter, Kind dazu als Geschäftsführer, doch die ständigen Streitigkeiten mit den „bockigen“ Vertretern der Muttervereine und den lautstarken Anhängern vermiesen den Spaß an ihrem Engagement. Nun können sie beim Lesen des DFL-Vorschlags feststellen, dass für sie nichts besser, vielmehr alles schlechter wird. Mit Abschaffung der Ausnahmen ist für sie der Traum von der Übernahme ausgeträumt.

Verfechter und Kritiker von 50+1 eint, dass sie nicht in die Aushandlung der „Lösung im Konsens“ eingebunden waren. Zwischen Kartellamt, Vertretern des und der DFL und exklusiv den Managern der Ausnahmeclubs wurde im Dezember diskret gesprochen. Mag man dies hinnehmen, weil ja nur diese Clubs Gegenstand der vom Kartellamt verlangten Neuregelung sind, so irritiert der nun entstandene Zeitdruck. Die übrigen 33 Vereine und Kapitalgesellschaften, deren Muttervereine, sogar die zum Verfahren offiziell Beigeladenen, darunter Ehrenamtler, hatten zunächst nicht mal 14 Tage Zeit, die Ideen der Experten zu bewerten und sich mit Stellungnahmen einzubringen. Es riecht nach Hauruck im Hinterzimmer.

Anders als die Befürworter und die Gegner von 50+1 profitieren die drei Clubs, die im Genuss der Ausnahmeregelung sind, auch künftig von erheblichen Vorteilen bei der Finanzierung ihres Betriebs. Sie müssen sich auch nicht um Gefahren sorgen, die vermeintlich von emotionsgeladenen Versammlungen der Millionen Mitglieder in demokratisch organisierten Muttervereinen ausgehen.

Dietmar Hopp, Eigentümer der TSG Hoffenheim, hat am 1. März die Rückabwicklung seiner Ausnahmekonstellation und die Rückgabe der Anteile an den Mutterverein angekündigt. Dieser „Fall“ ist kein Konfliktthema mehr. Bleiben die Töchter der DAX-Schwergewichte Volkswagen und Bayer. Niemand wird in dem, was ihre Vertreter im Dezember ausgehandelt haben, eine relevante Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Werksmannschaften erkennen. Ein Sitz im Aufsichtsgremium für ein womöglich willfähriges Mitglied des Muttervereins mag einen interessanten Sitz in der ersten Reihe verschaffen, doch keine ernsthafte Mitbestimmungsoption des Muttervereins. Ohne Mehrheit oder Quorum ist dies nichts wert, Transparenz und Partizipation „ultra light“.

Auch die als Vorteilsausgleich zur Wiederherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen beabsichtigte Kürzung der Medienerlöse verpufft wegen Geringfügigkeit, die von vielen Fans, aber auch von Kind ersehnte Dämpfung des Finanzierungsvorteils der Werksteams bleibt aus.